Neue arbeitsrechtliche Spielregeln für Plattformarbeit

Nach langen Verhandlungen haben sich die EU-Staaten im Frühjahr 2024 auf die EU-Richtlinie zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Plattformarbeit verständigt.

Die datenschutzrechtlichen Auswirkungen der Richtlinie hat unser GreenGate Partners-Kollege Paul Harloff bereits näher beleuchtet. Nachfolgend sollen auch die arbeitsrechtlichen Aspekte dargestellt werden.

Unter Plattformarbeit ist jede Arbeit zu verstehen, die über eine digitale Arbeitsplattform organisiert und von einer Person auf der Grundlage eines Vertragsverhältnisses mit der digitalen Arbeitsplattform ausgeführt wird. Dies sind alle Dienstleistungen, die über web-basierte Plattformen vermittelt oder erbracht werden (bspw. im Bereich Lieferservice oder Produkttestung). Die korrekte arbeitsrechtliche Einordung von Plattformbeschäftigten ist regelmäßig unklar. Es stellt sich insbesondere die Frage, ob es sich bei diesen Personen um Selbständige oder Arbeitnehmer handelt und somit für sie Sozialversicherungsbeiträge abgeführt werden müssen und ob sie sich auf die sozialen Schutzrechte des Arbeitsrechts, wie Kündigungsschutz etc., berufen können. Erklärtes Ziel der EU-Richtlinie ist, den Schutz der Plattformbeschäftigten zu erweitern und sie durch eine intensivere Einbeziehung in die Sozialversicherungssysteme zu stärken.

Der ursprüngliche Entwurf sah vor, dass die Arbeitnehmereigenschaft und somit auch eine abhängige Beschäftigung in der Sozialversicherung vorliegen soll, wenn mindestens zwei in der Richtlinie definierte Kriterien (z.B. Überwachung der Arbeit) erfüllt sind. In der finalen Fassung wurde indes auf einen konkreten Kriterienkatalog verzichtet. Nach der nun verabschiedeten Fassung wird ein Arbeitsverhältnis vermutet, wenn Tatsachen festgestellt werden, die auf die Kontrolle und Steuerung des Plattformbeschäftigten durch die Plattform hindeuten. Wie bei der allgemeinen Abgrenzung von abhängiger Beschäftigung und freier Mitarbeit nach deutschem Recht erfolgt die Einordnung somit anhand auslegungsbedürftiger Rechtsbegriffe, die jeweils im Einzelfall herangezogen und bewertet werden müssen.

Neu ist jedoch die in der Richtlinie vorgesehene Fiktionswirkung. Liegen die vorstehend genannten Voraussetzungen vor, steht grundsätzlich fest, dass es sich bei der Beschäftigung um ein Arbeitsverhältnis handelt. Dieses Ergebnis gilt mit Ausnahme des Steuerrechts in allen einschlägigen Verwaltungs- und Gerichtsverfahren. Um dieses Ergebnis zu revidieren, müssen die Unternehmen das Gegenteil beweisen, was in der Praxis mit hohem Aufwand und vielen, einzelfallbedingten Unwägbarkeiten verbunden sein dürfte.

Es bleibt abzuwarten, wie die richtlinienbedingten Vorgaben umgesetzt und von den Behörden/Gerichten in der Praxis angewendet werden. Die Mitgliedstaaten haben nun 2 Jahre Zeit, die Vorgaben in nationales Recht zu gießen.