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Follow-Up: Reform der allgemeinen Arzneimittelvorschriften / Revision of Pharmaceutical Legislation
Ellen Bergmann und Annegret Schmidt, Wissenschaftliche Mitarbeiterin bei GreenGate, zum neuen EU-Arzneimittelrecht. (English version included)
Ende April hat die Europäische Kommission den angekündigten Entwurf (dazu unser Blog) zur Reform der Arzneimittelgesetzgebung veröffentlicht. Dieser bringt weitreichende Änderungen mit sich, vor allem im Bereich des Zugangs zu Arzneimitteln und der Dauer des Marktschutzes, der Fristen bei Zulassungsverfahren und der Gewährleistung der Versorgungssicherheit mit Arzneimitteln.
End of April, the European Commission published the promised draft (check our blog) for the reform of the pharmaceutical legislation. This brings with it some far-reaching changes, especially in the area of access to medicines and duration of market protection, the timelines of approval procedures and guaranteeing of supply security with medicines.
(English version below) Die Reform verfolgt insbesondere die Ziele der Schaffung eines einheitlichen Binnenmarktes mit Arzneimitteln, der allen gleichermaßen zeitnah Zugang zu Arzneimitteln eröffnet, der Sicherstellung innovationsfreundlicher Rahmenbedingungen, der Reduzierung des Verwaltungsaufwands und der besseren Verfügbarkeit von Arzneimitteln. Diese Ziele sollen durch eine neue Richtlinie und eine neue Verordnung erreicht werden, die insbesondere die altbekannte Humanarzneimittel-Richtlinie 2001/83/EG und Verordnung (EG) 726/2004 vollständig ersetzen. Dabei regelt die neue Richtlinie die Anforderungen an die Zulassung, Überwachung, Kennzeichnung, den rechtlichen Schutz und das Inverkehrbringen aller auf EU sowie nationaler Ebene zugelassenen Arzneimittel. Die Verordnung enthält ergänzend spezifischere Regeln für auf EU-Ebene zugelassene Arzneimittel und regelt die Arbeit der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA). Flankiert werden die Legislativakte durch eine Empfehlung des Rates und eine Kommissions-Mitteilung.
Die wichtigsten Änderungen bestehen in:
– dem Wechsel vom derzeitigen System einer pauschalen Dauer des Unterlagen-/Daten- und Marktschutzes hin zu einem ausdifferenzierten Anreizsystem, bei dem die üblichen rechtlichen Schutzfristen um zwei Jahre verkürzt werden, es aber vielfältige Anreize gibt, die Dauer des Schutzes zu erhöhen, sofern durch das Arzneimittel wichtige Zielsetzungen im Bereich öffentlicher Gesundheit erfüllt werden, z.B. bei gleichzeitiger Markteinführung des Arzneimittels in allen Mitgliedsstaaten, wenn das Arzneimittel eine medizinische Versorgungslücke schließt, vergleichende klinische Prüfungen durchgeführt werden oder auch andere Krankheiten mit dem Arzneimitteln behandelt werden können;
– der Verkürzung der Fristen für die Zulassung von Arzneimitteln, z.B. für die EMA-Bewertung von 210 Tagen auf 180 Tagen und für die Zulassungsentscheidung der Kommission von 67 auf 46 Tage;
– basierend auf den Covid-19 Erfahrungen der Einführung eines Systems fortlaufender Überprüfung von Zulassungsdaten (‚rolling review‘) und der Erteilung befristeter Notfallzulassungen;
– verschiedener Maßnahmen zur Bekämpfung von Arzneimittelengpässen, insbesondere durch die Verpflichtung der Pharmaunternehmen, kritische Engpässe früher zu melden und Pläne zur Vorbeugung von Engpässen zu erstellen,
– der Einführung von sog. Reallaboren (‚regulatory sandboxes‘), die die Erprobung neuer Regulierungskonzepte für neuartige Therapien unter realen Bedingungen ermöglichen sollen und der Erleichterung der Nutzung in der Praxis gewonnener (‚real world‘) Erkenntnisse und Gesundheitsdaten; sowie
– im Bereich der Entwicklung neuartiger „revolutionärer“ Antibiotika, der Einführung eines übertragbaren Gutscheinsystems für den Unterlagenschutz (‚AMR voucher‘).
Der nächste Schritt auf dem Weg zur Verabschiedung des Reformpakets ist nun die Beratung im Parlament und im Rat. Ein Datum für den Erlass der Vorschriften lässt die Kommission in ihrem Entwurf ausdrücklich offen. Wir halten Sie auf dem Laufenden.
English Version
The main objectives of the reform are to create a single market for medicines, which ensures that all patients across the EU have timely and equitable access to medicines, to continue offering an innovation-friendly framework for medicines, to reduce the administrative burden and to enhance the availability of medicines. These goals are to be achieved by a new directive and a new regulation, which will replace the well-known Human Medicines Directive 2001/83/EC and Regulation (EC) 726/2004. The new directive includes requirements for the approval, monitoring, labelling, legal protection and placing on the market of all medicinal products approved at EU and national level. The regulation sets out additional, more specific rules for medicines authorized at EU level and addresses the work of the European Medicines Agency (EMA). The legislative acts are accompanied by a recommendation from the Council and a Commission Communication.
Main changes include:
– the change from the current system of a ‚one-size-fits-all’ system regarding the duration of data and market protection to a modulated system of incentives in which the standard regulatory protection is reduced by two years, but which provides for various incentives to increase the duration of protection if important public health objectives are fulfilled, such as market launch of the medicines in all Member States, development of medicines that address unmet medical needs, conduct of comparative clinical trials, or development of medicines that can treat other diseases as well;
– faster authorization of medicinal products, e.g. in that the EMA will have 180 days instead of 210 days for its assessment and the Commission will have 45 days instead of 67days for the authorization;
– based on Covid-19 experience, the introduction of a rolling review process of approval data and the grant of temporary emergency marketing authorization;
– various measures to combat drug shortages, in particular by requiring pharmaceutical companies to report critical shortages more quickly and establish shortage prevention plans,
– the introduction of so-called ‚regulatory sandboxes‘, which allow the testing of new regulatory approaches for novel therapies under real world conditions and facilitate the use of real world evidence and health data; and
– in the area of development of novel „game changing“ antibiotics, the introduction of transferable data exclusivity vouchers (‚AMR voucher‘).
Next step on the way to adoption of the revised legislation is the discussion of the proposal by the Parliament and the Council. The Commission, however, expressly leaves open a date for the enactment of the legislative package. We’ll keep you up to date.