Referentenentwurf des BMJ zur Modernisierung des Schiedsverfahrensrechts

11. März 2024 Dr. Sven Schilf

Im Zuge seiner Aktivitäten zur Stärkung Deutschlands als Austragungsort internationaler Gerichts- und Schiedsverfahren hat das Bundesministerium der Justiz nach seinem auf die Einführung sog. Commercial Courts abzielenden Referentenentwurf vom 25.04.2023 nun, am 01.02.2024, einen Referentenentwurf zur Modernisierung des Schiedsverfahrensrechts vorgelegt (nachfolgend RefE SchVerfModG; https://lnkd.in/d9gE-fwf).

Eckpunkte des Entwurfes sind u.a.:

  • die Ermöglichung formloser (also auch mündlicher) Schiedsvereinbarungen, sofern diese allseitig ein Handelsgeschäft darstellt (§ 1031 Abs. 4 ZPO RefE SchVerfModG);
  • die Einfügung einer Regelung zur Bestellung von Schiedsrichtern in Mehrparteienschiedsverfahren (§ 1035 Abs. 4 ZPO RefE SchVerfModG);
  • die Klarstellung, dass Entscheidungen des Schiedsgerichts zur eigenen Zuständigkeit „in der Regel“ als Prozessschiedsspruch ergehen und diese auch bei Versagung der eigenen Zuständigkeit durch das Schiedsgericht aufhebbar sind;
  • die Klarstellung, dass auch Maßnahmen einstweiligen Rechtsschutzes von Schiedsgerichten mit Sitz im Ausland in Deutschland zur Vollstreckung zugelassen werden können (§ 1041 Abs. 2 ZPO RefE SchVerfModG);
  • die Klarstellung, dass mündliche Verhandlungen auch vor Schiedsgerichten als Videoverhandlung durchgeführt werden können (§ 1047 ZPO RefE SchVerfModG);
  • die Klarstellung, dass Sondervoten einzelner Schiedsrichter möglich sind (§ 1054 a ZPO RefE SchVerfModG);
  • die Einführung einer Restitutionsmöglichkeit gemäß § 580 ZPO auch für Schiedssprüche;
  • die Ermöglichung schiedsverfahrensbezogener gerichtlicher Verfahren vor den Commercial Courts auf Englisch (§ 1063 a ZPO RefE SchVerfModG).

Der Referentenentwurf greift damit wesentliche, im Kreis der mit Schiedsverfahren regelmäßig befassten Fachleute immer wieder erörterte Diskussionspunkte auf. Bedeutend ist die Einführung der Möglichkeit formloser, auch mündlicher Schiedsvereinbarungen, wenn die Schiedsvereinbarung für alle Seiten ein Handelsgeschäft ist. Jede der Parteien soll deren Bestätigung in Textform verlangen können. Diese Lösung weicht allerdings von Art. 7 des überarbeiteten UNCITRAL Model Law on International Commercial Arbitration (2006) ab, das auf dem Grundprinzip der schriftlichen Dokumentation besteht, aber keinen Bestätigungsanspruch kennt (https://lnkd.in/diUx3wiR).

Zu begrüßen ist die Klarstellung, dass auch von Schiedsgerichten mit Sitz im Ausland erlassene Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes zur Vollstreckung zugelassen werden können sollen. Bedauerlich indes, dass keine Regelung zur Vollstreckbarkeit von Eilschiedsrichterentscheidungen vorgesehen ist, die zunehmend praktische Relevanz erlangen (z.B. Art. 29 sowie Appendix V ICC Arbitration Schiedsverfahrensordnung 2021; https://lnkd.in/dVs_maDd).