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Fehler bei der Massenentlassungsanzeige - Neuer Freifahrtschein für Arbeitgeber?
Mit einer Pressemitteilung zum Jahresausklang sorgte der sechste Senat des BAG für großes Aufsehen. Darin kündigten die Erfurter Richter an, die in jahrzehntelanger Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Unwirksamkeit von Kündigungen bei Massenentlassungen aufgeben zu wollen.
Der Reihe nach: Sofern ein Unternehmen beabsichtigt, innerhalb eines Zeitraumes von 30 Tagen eine Anzahl von Beschäftigten zu kündigen, die die Schwellenwerte in § 17 KSchG erreicht, ist es verpflichtet, bei der Agentur für Arbeit eine sogenannte Massenentlassungsanzeige zu erstatten. Der ursprüngliche Zweck dieser Anzeige beruhte auf arbeitsmarktpolitischen Gründen. Die Agentur für Arbeit sollte in die Lage versetzt werden, sich auf eine Vielzahl arbeitssuchender Beschäftigter einstellen und diese schnellstmöglich vermitteln zu können. Der ursprüngliche Schutzzweck dieses Instruments betraf somit die Arbeitsbehörden.
Auf der Grundlage von EU-Richtlinien und der hierzu ergangenen Rechtsprechung entwickelte sich die Massenentlassungsanzeige jedoch immer mehr zu einem Rechts- und somit zu einem Kostenrisiko für Arbeitgeber. Sofern der Arbeitgeber die Einreichung einer Massenentlassungsanzeige unterließ, beispielsweise, weil er von unzutreffenden Schwellenwerten ausgegangen ist, waren alle darauf beruhenden Kündigungen unheilbar unwirksam. Dies galt auch, wenn zwar eine Anzeige eingereicht wurde, diese jedoch formale Fehler enthielt. Infolgedessen konnte ein kleiner Fehler für Arbeitgeber erhebliche finanzielle Auswirkungen zur Folge haben.
Der EuGH entschied bereits im Sommer vergangenen Jahres, dass die unterbliebene Weiterleitung der Stellungnahme des Betriebsrates an die Agentur für Arbeit zu keiner Unwirksamkeit der Kündigung führt. Der sechste Senat des BAG möchte jedoch noch weiter gehen und kündigte per Pressemitteilung (14.12.2023- PM 46/23) an, dass zukünftig bei Verstößen gegen § 17 KSchG kein Unwirksamkeitsgrund für die Kündigung mehr bestehen soll und fragt den für Kündigungsfragen originär zuständigen zweiten Senat, ob er sich dieser Sichtweise anschließt.
Sollte diese Rechtsansicht vom zweiten Senat des BAG bestätigt werden, wäre dies eine erhebliche Erleichterung für Unternehmen, da den Beschäftigten dadurch ein großer Trumpf für Abfindungsverhandlungen genommen würde. Solange die endgültige Bestätigung dieser Rechtsansicht aus Erfurt noch aussteht, sind Unternehmen indes gut beraten, die strengen formalen Anforderungen bei Massenentlassungen wie bisher penibel einzuhalten.