Innovative Neuregelung: Ergänzende Regeln für Streitverkündungen der DIS

25. März 2024 Dr. Sven Schilf

Es ist eine bedeutende Innovation für Schiedsverfahren: Am 15. März dieses Jahres sind die Ergänzenden Regeln der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit (DIS) für Streitverkündungen (DIS-ERS) in Kraft getreten (abrufbar hier).

Sie eröffnen Parteien eines Schiedsverfahrens die Möglichkeit, einen Dritten an das Ergebnis des zwischen ihnen zu entscheidenden Schiedsverfahrens zu binden. Das ist immer dann von Interesse, wenn ein Schiedsverfahren Teil eines komplexeren wirtschaftlichen Zusammenhangs ist; beispielsweise, wenn sich aus dem ersten Schiedsverfahren aus Sicht einer Partei mögliche Folgeansprüche gegenüber Dritten ergeben. Das ist klassischerweise der Fall bei Zulieferern, Lohnherstellern, Lizenzgebern oder -nehmern, u.a. in den Bereichen Mobility, Energie, LifeSciences, MedTech und IT/Software.

Die Streitverkündung in Schiedsverfahren unterliegt allerdings Besonderheiten, die der Eigenart des Schiedsverfahrens geschuldet sind: Zwischen einer der Parteien des Schiedsverfahrens und dem Dritten muss zumindest die Anwendbarkeit der DIS-ERS vereinbart sein (Art. 2 DIS-ERS); spätestens der Beitritt begründet die (Beitritts-)Schiedsvereinbarung mit dem Dritten (Art. 11.3 DIS-ERS). Auch kann eine Streitverkündung nur in engen zeitlichen Grenzen zu Beginn des Schiedsverfahrens erklärt werden (Art. 4 DIS-ERS), wohingegen die Streitverkündung im staatlichen Zivilprozess jederzeit bis zur Entscheidung des Rechtsstreits erfolgen kann (§ 72 Abs. 1 ZPO). Ein Kernelement der Streitverkündung ist jedoch im staatlichen Zivilverfahren und nach den DIS-ERS gleich: Gemäß Art. 11.1 DIS-ERS wird der Dritte im Falle einer Streitverkündung auch bei Nichtbeitritt an das Ergebnis des vorherigen Schiedsverfahrens in den aus staatlichen Zivilverfahren bekannten Grenzen gebunden (vgl. §§ 74 Abs. 3, 68 ZPO).

Besonders interessant: Die Bindung des Dritten an das Ergebnis des Schiedsverfahrens kann auch erfolgen, wenn der Folgeprozess vor einem staatlichen Gericht erfolgen muss; der Dritte muss lediglich mit der Geltung der DIS-ERS einverstanden sein. Die DIS-ERS enthalten eine entsprechende Musterklausel (Vorbemerkung DIS-ERS). Auch bemerkenswert: Eine weitere Streitverkündung ist gemäß Art. 5 DIS-ERS möglich. Ferner hält mit den DIS-ERS der bisher dem staatlichen Zivilprozess vorbehaltene Begriff des Nebenintervenienten Einzug in die DIS-Schiedsordnung.

Die DIS-ERS sind in jedem Fall als Meilenstein eines effizienten Konfliktmanagements für komplexe Handelstransaktionen zu begrüßen, erleichtern und entlasten sie doch Folgeprozesse, auch vor staatlichen Gerichten. Als solche gehören sie unbedingt in die Toolbox für die Gestaltung von Handelsverträgen/B2B Agreements und Konfliktlösung/Dispute Resolution. In diesem Sinne: Well done, DIS!