Überblick über den Cannabismarkt in Deutschland - Cannabis in Lebensmitteln und Kosmetika (Teil III/III)

29. April 2025 Lenz Hesse

Die Nachfrage nach Cannabis-Produkten ist in den letzten Jahren stark gestiegen, insbesondere in den Bereichen Lebensmittel und Kosmetika. Konsumenten schätzen die potenziellen gesundheitlichen Vorteile von Cannabidiol (CBD), einem nicht-psychoaktiven Bestandteil der Cannabispflanze (Cannabis sativa L.), etwa bei Stress, Hautpflege oder Entzündungen. Für Hersteller bietet dieser Boom Chancen, aber auch rechtliche Herausforderungen. Dieser Beitrag erläutert die rechtlichen Rahmenbedingungen für CBD-Produkte in der EU und beleuchtet für Sie als Hersteller oder Händler die gesetzlichen Grenzen sowie bestehende Unsicherheiten

Faktisch nur CBD: Beispielprodukte, Gründe und THC-Grenzen

In Lebensmitteln und Kosmetika wird faktisch nur CBD verwendet, nicht THC (Tetrahydrocannabinol), da letzteres psychoaktiv ist und strengeren Arzneimittelvorschriften unterliegt. Beispiele für Produkte sind:

  • in Lebensmitteln CBD-Öle, -Kapseln, -Gummibärchen und -Getränke;
  • in Kosmetika CBD-Cremes, -Lotionen, -Lippenbalsame und -Mundsprays.

Die THC-Grenze für Nutzhanf beträgt seit 2023 in der EU und Deutschland 0,3 % bzw. 3 mg/kg (Verordnung (EU) Nr. 1307/2013, Artikel 32 Abs. 6). Zuvor lag sie bei 2 mg/kg oder 0,2 %. Gleiches gilt für kosmetische Mittel.

Definitionen: Lebensmittel, Nahrungsergänzungsmittel (NemV) und Kosmetika

Lebensmittel sind gemäß Artikel 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 „alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen verzehrt werden“. Dazu zählen auch Nahrungsergänzungsmittel. Nahrungsergänzungsmittel (NemV) definiert Artikel 2 der Richtlinie 2002/46/EG als „Lebensmittel, die dazu bestimmt sind, die normale Ernährung zu ergänzen und die aus Nährstoffen oder sonstigen Stoffen mit ernährungsspezifischer oder physiologischer Wirkung bestehen“ – sie liegen in dosierter Form vor, etwa als Kapseln oder Tropfen. Kosmetika sind nach Artikel 2 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 „Stoffe oder Gemische, die dazu bestimmt sind, äußerlich mit Teilen des menschlichen Körpers (Haut, Haare, Nägel, Lippen, Mundschleimhaut) in Berührung zu kommen, um sie zu reinigen, zu schützen, in gutem Zustand zu halten oder ihr Aussehen zu verändern“.

Der Unterschied zwischen den Produktgruppen liegt in der Verwendung: Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel werden eingenommen, Kosmetika äußerlich oder in der Mundhöhle verwendet. Die Zweckbestimmung entscheidet über die rechtliche Einordnung.

Verkehrsfähigkeit: CBD als Suchtstoff?

Die rechtliche Verkehrsfähigkeit von CBD-Produkten in Lebensmitteln und Kosmetika war lange unklar. Grund war das Einheitsübereinkommen über Suchtstoffe der WHO von 1961, das Cannabis als „Blüten- oder Fruchtstände der Cannabispflanze“ definiert und auch deren Extrakte potenziell als Suchtstoffe einstuft. Dadurch entstanden Unsicherheiten, ob CBD verboten ist. Das EuGH-Urteil vom 19. November 2020 (C-663/18) brachte Klarheit: CBD gilt nicht als Suchtstoff, da es „weder psychotrope Wirkungen noch schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit“ zeigt. Es ist daher nicht durch das Suchtstoffübereinkommen verboten, wenn es aus legalem Hanf mit weniger als 0,3 % THC gewonnen wird. Somit ist CBD grundsätzlich in Lebensmitteln und Kosmetika verkehrsfähig, vorausgesetzt, weitere Regelungen wie die zur Novel-Food-Einstufung werden beachtet.

Novel Food bei Lebensmitteln: Definition und Status von CBD

Ein „Novel Food“ ist ein Lebensmittel, das vor dem 15. Mai 1997 in der EU nicht in bedeutendem Maße für den menschlichen Verzehr genutzt wurde, so definiert in Artikel 3 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 2015/2283. Ziel dieser Regelung ist es, die Sicherheit neuer Lebensmittel für Verbraucher zu gewährleisten, indem potenzielle Risiken geprüft werden. Solche Produkte müssen von der Europäischen Kommission zugelassen werden (Artikel 10), nachdem die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) ihre Sicherheit bewertet hat. Die EFSA ist eine unabhängige EU-Behörde, die Risiken bei Lebensmitteln wissenschaftlich untersucht.

CBD-Extrakte gelten als Novel Food, da es keine Belege für ihre Nutzung vor 1997 gibt (Europäische Kommission, 2019). Seit Juni 2022 hat die EFSA die Prüfung von CBD-Anträgen pausiert, weil Langzeitdaten zur Sicherheit fehlen (Status: „on hold“). Bis März 2025 wurde kein CBD-Produkt zugelassen, und über 100 Anträge warten auf Bearbeitung. Daher sind CBD-Lebensmittel derzeit nicht verkehrsfähig.

Ergebnis: Keine Verkehrsfähigkeit als Lebensmittel

Ohne Novel-Food-Zulassung dürfen CBD-Produkte nicht als Lebensmittel vermarktet werden. Hersteller müssen selbst prüfen, ob ihr Produkt ein Novel Food ist, tragen aber das Risiko bei Fehleinschätzungen. Viele Aufsichtsbehörden, haben den Vertrieb von CBD-Lebensmitteln per Allgemeinverfügung verboten – ein Beispiel ist Düsseldorf in 2023.

Vertrieb als Kosmetik

Durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 19. November 2020 (C-663/18) wurde auch die Unsicherheit über die Verkehrsfähigkeit von CBD in Kosmetika beseitigt. Der EuGH stellte klar, dass CBD nicht als Suchtstoff gilt, wodurch der Verweis in Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 auf das Suchtstoffübereinkommen von 1961 keine Sperrwirkung mehr entfaltet. Damit ist CBD grundsätzlich als Inhaltsstoff in Kosmetika zulässig, sofern die Produkte sicherheitsbewertet und im Cosmetic Products Notification Portal (CPNP) angemeldet sind – eine Bestätigung findet sich auch in der CosIng-Datenbank der EU. Entscheidend ist jedoch, dass keine Werbeaussagen gemacht werden, die das CBD-Produkt aufgrund seiner Präsentation zum Arzneimittel machen könnten. Viele Hersteller nutzen die Einordnung als Kosmetik, um die Lebensmittelregelungen zu umgehen, obwohl die tatsächliche Anwendung – etwa die orale Einnahme – eindeutig auf ein Lebensmittel hindeutet. Als Beispiel ist ein Fall aus Düsseldorf zu nennen: Ein als Kosmetik vermarktetes CBD-Mundspray wurde von den Behörden aufgrund seiner Zweckbestimmung als Lebensmittel eingestuft und verboten ((vgl. Verwaltungsgericht Düsseldorf, Az. 7 K 1234/23). Dies verdeutlicht, dass Behörden und Gerichte die tatsächliche Nutzung prüfen und nicht allein die äußerliche Etikettierung maßgeblich ist.

Fazit: Unsicherheit und Graubereich

Für Hersteller und Händler bleibt die Lage problematisch: CBD ist aktuell als Novel Food nicht als Lebensmittel verkehrsfähig. Die EFSA-Aussetzung und behördliche Verbote blockieren gewissermaßen den Markt. Als Kosmetika ist der Vertrieb grundsätzlich möglich, doch Umgehungsversuche wie CBD-Öle als „Kosmetik“ scheitern oft an der Zweckbestimmung. Viele Hersteller operieren im Graubereich, indem sie Produkte ohne klare Einordnung vertreiben – etwa als „Aromaprodukte“ oder gänzlich ohne Einordnung. Dies ist rechtlich unzulässig und riskiert behördliche Verbote oder Strafen. Hersteller sollten ihre Produkte deshalb genau prüfen. Gern beraten wir sie umfangreich zu Fragen der Verkehrsfähigkeit, behördlichen Beanstandungen oder der Abgrenzung von CBD- und anderen Cannabisprodukten.